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Arbeitgeberattraktivität und Arbeitgeberversprechen

Viele Unternehmen in Deutschland sind gerade wegen schwieriger Rahmenbedingungen bemüht, im Rahmen ihrer Personalmarketing-Aktivitäten qualifiziertes Personal zu finden und ihre Leistungsträger bzw. Talente zu fördern und zu binden. Doch was sind zentrale Merkmale eines attraktiven Arbeitgebers? Wie kann die Attraktivität gesteigert und kommuniziert werden?

Es existieren einige Studien, die die Arbeitgeberattraktivität untersuchen. Jedoch sind die Ergebnisse sehr heterogen. Bereits vor einiger Zeit hat ein Expertenteam durch eine Metastudie auf Basis von 37 Studien, 467 Attraktivitätsfaktoren und knapp 64.000 Befragten ermittelt, was Kandidatinnen und Kandidaten am wichtigsten ist. Die 10 bedeutendsten Attraktivitätsmerkmale sind (abnehmende Rangfolge, nach Lohaus et al. (2013)):

  • Team, Arbeitsatmosphäre, Klima
  • Arbeitsaufgabe
  • Work-Life-Balance
  • Weiterbildung
  • Karriere, Aufstieg
  • Arbeitsplatzsicherheit
  • Entgelt inkl. Sozialleistungen
  • Identifikation (mit Unternehmen, Produkten bzw. Dienstleistungen)
  • Arbeitszeitmodelle
  • Unternehmenskultur.

Danach folgen Faktoren wie Internationalität/Auslandseinsatz, Erfolg und finanzielle Situation des Unternehmens, Standort, Arbeitsbedingungen, Management (inkl. direkte Führungskräfte und Human Resources) etc.

Was fällt auf? Besonders wichtig sind Faktoren, die relativ spät im Bewerbungsprozess bzw. erst im Rahmen der Beschäftigung erfahrbar sind. Zudem sind diese Faktoren subjektiv bewertbar. Bedeutsam sind insbesondere „weichere Themen“. Weiter wird deutlich, dass Führungskräfte starken Einfluss haben: Sie verantworten bzw. gestalten viele dieser Themen mit.
In der Praxis lässt eine entsprechende authentische und zielgruppenorientiert wahrnehmbare Ausgestaltung der Personalmarketing-Aktivitäten oft zu wünschen übrig. Viele Unternehmen präsentieren sich eher „wertelos“, zu wenig differenziert bzw. begrifflich oberflächlich. Sie wirken dadurch relativ austauschbar.

Um eine „Verwechslungsgefahr“ zu vermeiden, wäre nach Lohaus et al. beispielsweise hilfreich: Direkten Kontakt mit den Kandidaten suchen bzw. zu Vertretern der Fachabteilungen herstellen (z.B. auf Messen), authentische Erfahrungsberichte im Internet veröffentlichen (Mitarbeitende als sog. Testimonials), Austausch in sozialen Netzwerken fördern, frühzeitig Kennenlernen bzw. Zusammenarbeit fördern (z.B. durch Praktika), Präsenz z. B. durch Vorträge an Hochschulen zeigen und glaubwürdig die Attraktivität als Arbeitgeber unterstreichen.
Hier wird eine weitere Gefahr deutlich: Personalmarketing ist eben nicht primär (Hochschul-)Recruiting, sondern wendet sich auch an bestehende Mitarbeitende und ist eine andauernde strategische Aufgabe.

In diesem Zusammenhang ist eine weitere Untersuchung interessant. Sie analysiert die Einzigartigkeit der sog. „Arbeitgeberversprechen“ (Stichwort Employer Branding) von 142 Unternehmen. Aus 929 Versprechen konnten 18 Hauptkategorien gebildet werden. Zu den 10 häufigsten Versprechen zählen (abnehmende Rangfolge, nach Brast et al. (2013)):

  • Mitarbeiterweiterbildung
  • Zukunftsmöglichkeiten
  • Karrieremöglichkeiten
  • Internationalität
  • Erfolgsbetonung
  • Selbstständiges Arbeiten
  • Mitarbeiterqualifizierung
  • Atmosphäre unter Mitarbeitern
  • Arbeit im Team
  • Persönlichkeitsberücksichtigung.

Weitere Versprechen betreffen Aufgabengestaltung, positives Betriebsklima, Balance Arbeit und Freizeit, Mitarbeiterförderung, Wertschätzung der Mitarbeiter sowie Unterstützung bzw. Anreize.

Viele dieser Versprechen stellen jedoch kein Alleinstellungsmerkmal dar: Viele Unternehmen treffen auf ihrer Homepage, ihren Karriereseiten oder in ihren Recruiting-Broschüren dieselben Aussagen.
Die analysierten Unternehmen bündeln zudem durchschnittlich rund 7 Versprechen. Fraglich ist, ob dadurch das Abheben von der Konkurrenz verbessert wird. Vielmehr ergeben sich nach Brast et al. auch hier typische Cluster:

  • herausfordernde Aufgaben, Entwicklungsperspektiven, etc. („pure career prospects“)
  • Selbstständigkeit, Verantwortung, Balance zwischen Arbeit und Freizeit, Benefits, etc. („independence“)
  • Arbeit im Team, Atmosphäre bzw. Klima, Mitarbeiterförderung, etc. („wellness workplace“).

Kann bzw. sollte man sich überhaupt als „einzigartiger Arbeitgeber“ positionieren? Durch eine Auswahl, Bündelung bzw. Hervorhebung besonderer Faktoren wäre dies grundsätzlich möglich. Für eine stärkere Differenzierung könnten als „Beweis“ konkrete Umsetzungsbeispiele aus der Unternehmenspraxis dienen. Entscheidend wird somit neben dem „was“ das „wie“ der Umsetzung. Hinzu kommt die Relevanz für die jeweilige Zielgruppe. Klar sein dürfte auch, dass die Herausbildung der Attraktivitätsfaktoren Zeit benötigt. Weiter ist Authentizität entscheidend: Es wird seinen Grund haben, warum in betrieblichen Mitarbeiterbefragungen meist eher eine durchschnittliche (resignativ geprägte) Zufriedenheit ermittelt wird. Durchschnittliches Engagement von Seiten des Unternehmens bewirkt eben nur begrenztes Mitarbeiterengagement. Den „Dienst nach Vorschrift“ belegen regelmäßig die repräsentativen Gallup-Studien. Insofern besteht tatsächlich noch deutliches Potenzial für die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität bzw. der Mitarbeiterbindung.

Ausgewählte Literatur

Badura, B. (Hrsg.) (2017): Arbeit und Gesundheit im 21. Jahrhundert. Mitarbeiterbindung durch Kulturentwicklung. Berlin: Springer Gabler

Brast, C., Hendriks, J. (2013): …wie ein Ei dem anderen? Ein empirischer Vergleich von Arbeitgeberversprechen. In: PERSONALquarterly, 04/13, S. 36-40.

Felfe, J. (2020): Mitarbeiterbindung. 2. Aufl. Göttingen: Hogrefe [Reihe Wirtschaftspsychologie]

Helbich, B./Herzig, V. (2021): Arbeitgeberattraktivität und Personalrekrutierung im Mittelstand. Durch strategisches Personalmanagement die Generation Y finden und binden. In P. Haag (Hrsg.): KMU- und Start-up-Management. Strategische Aspekte, operative Umsetzung und Best-Practice. Wiesbaden: Springer Gabler

Immerschitt, W./Stumpf, M. (2019): Employer Branding für KMU. Der Mittelstand als attraktiver Arbeitgeber. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer Gabler

Kanning, U. P. (2017): Personalmarketing, Employer Branding und Mitarbeiterbindung. Forschungsbefunde und Praxistipps aus der Personalpsychologie. Berlin, Heidelberg: Springer

Lohaus, D., Rietz, C., Haase, S. (2013): Talente sind wählerisch – was Arbeitgeber attraktiv macht. In: Wirtschaftspsychologie aktuell, 3/2013, S. 12-15.

Sackmann, S. (2017): Unternehmenskultur: Erkennen – Entwickeln – Verändern. Erfolgreich durch kulturbewusstes Management. 2. Aufl. Wiesbaden: Springer Gabler

Dieser Beitrag wurde ursprünglich online auf dem „Dotzauer-Blog“ veröffentlicht. Seit 2012 informierte der Dotzauer-Blog über HR/Personalmanagement, Führung, Changemanagement und Karriere. Anfang 2022 verzeichnete der Blog weit über eine Viertelmillion Seitenaufrufe. Der separate Blog existiert nicht mehr. Ausgewählte Blogbeiträge wurden jedoch 2022 – in Teilen überarbeitet, verkürzt bzw. aktualisiert – in diese Website integriert. Bei Fragen, Anmerkungen etc. können Sie sich gerne an den Autor wenden.

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